Staufer versus Welfen 1 | Schwäbische Familien im Streit um den Thron
Es war ein Konflikt zweier Familien um die Königskrone im Heiligen Reich Deutscher Nation: Staufer versus Welfen. Annähernd 200 Jahre ringen sie um die Macht. Sie hintertreiben ihre Machenschaften auch mit dem Schwert und beide verweisen auf Legitimation und Ehre. Beide Familien gönnen der anderen nichts und so wird eine Familie das Land verlassen– mehr noch: Oberschwaben verlassen müssen.
Das Haus der Welfen und das Haus der Staufer haben eigentlich recht viel gemein. Beide Familien entstammen dem alten Hochadel der obersten Liga. Beide Familien haben ihre Zentren in Schwaben, auch in Oberschwaben. Ihre erbitterte Rivalität im Kampf um die Krone entzweite das Land, führte zu Kriegen und endete mit einem Mord, der mit dem Kampf der beiden Familien nichts zu tun hatte. Es war das wahre ‚Game of Thrones‘ des europäischen Mittelalters, das über 200 Jahre lang erbittert ausgefochten wurde.
Das Machtgerangel begann im elften Jahrhundert und endete im 13. Jahrhundert. Eine Familie schien zunächst als Sieger hervorzugehen, doch ihr Triumph währte nur kurz. Im Spiel der Macht sind mal die Staufer, mal die Welfen vorne.

Welfen versus Staufer: Wer waren die Staufer?
Nördlich von Oberschwaben, auf der Höhe Stuttgarts, liegt die Burg Hohenstaufen – der Stammsitz der Staufer. Mit diesem Residenzsitz betrat 1079 Friedrich I von Schwaben die Weltbühne. Er war 29 Jahre alt, als der König ihn zum Herzog von Schwaben ernannte und ihn mit Agnes von Waiblingen zum Schwiegersohn machte. Die Staufer hatten trotz ihrer Machtfülle recht wenig Land in Besitz. Friedrich lässt die Burg im 11. Jahrhundert bauen und begründet die Staufer Dynastie.
Die Staufer haben einen Stammbaum voller Hochadel. Das war im Mittelalter eine besondere Auszeichnung. Sie waren mit dem königlichen Haus der Salier verwandt: Agnes von Waiblingen war die Tochter Heinrichs IV. und väterlicherseits stammen sie von dem alt-alemannischen Haus der Alaholfinger ab. Die Alaholfinger sind ein recht alter alemannischer Adel, dessen Wurzeln in die Zeit vor der fränkischen Herrschaft zurückreichen. Der Herrschaftsbereich der Staufer lag zwischen Aalen, Göppingen, Schwäbisch Gmünd und dem Nördlinger Ries!
1125 endete mit dem Tod Heinrichs V die Salierdynastie – ohne einen legitimen Nachfolger. Wer würde das Erbe antreten? Sowohl bezüglich der zahlreichen Güter als auch in der Frage des Thronfolgers?
Die Staufer waren der Ansicht, der legitime Nachfolger der Salier käme der Verwandtschaft wegen aus ihren Reihen. Konkret erhob Agnes Sohn, der Herzog von Schwaben, Friedrich II., als männlicher Nachfahre der Salier den Anspruch auf den Thron.
Welfen versus Staufer: Wer waren die Welfen?
Die Welfen geben wie andere fränkische Adelshäuser (z. B. die Merowinger) vor, einen legendären Vorfahren im Stammbaum aufweisen zu können. Sie beziehen sich dabei auf einen skythischen Fürsten aus dem 5. Jahrhundert, der der Vater des Odoaker gewesen sein soll. Dieser Odoaker war der erste Nicht-Römer, ein Barbar, auf dem Stuhle des römischen Imperators, aber regierte nur über Italien. Odoaker zerstörte das römische Imperium im 5. Jahrhundert wider Willen.
Tatsächlich können die Welfen ihren Stammbaum weit zurückverfolgen, sogar bis in die Zeit der Karolinger. Das ist nicht nur beachtlich, sondern brachte im Mittelalter ein hohes Ansehen mit sich. Man spricht sogar von einem der ältesten Adelshäuser Europas, das noch existiert. Sie standen im engsten Kontakt zum fränkischen Königshaus der Karolinger, die die Alemannen besiegt und übernommen haben. Der alemannische Adel wurde zunächst enteignet und später auch eliminiert. Der hohe Status der Welfen ist mit der Nähe zum Königshaus erklärbar. Das zeichnet sich außerdem daran ab, dass sie Besitzungen im Maas-Mosel-Raum und damit eine physische Nähe zur Macht hatten. Im Karolinger Frankenreich waren sie bereits die Elite.
Dass sie ab 770 die Burg Altdorf besitzen, spricht für den hohen Stellenwert des Orts, der heute Weingarten heißt. Dieses Gebiet haben die Welfen nicht verliehen bekommen, sondern selbst erworben. Altdorf ist denn auch vermutlich ein Heiligtum gewesen, worauf der Name verweist. ‚Alt‘ stammt wahrscheinlich von ‚Alah‘ ab und bedeutet Heiligtum. Diese Referenz weist übrigens auch Aulendorf auf.
Der schwäbische Graf Welf II war auch Herr über Alpgau (Südschwarzwald) und das Linzgau. Ab dem 9. Jahrhundert kamen das Argengau, das Nibelgau, Baar und das Zürichgau hinzu. Das Machtzentrum dieser Linie der Welfen lag in Schwaben, Rätien (Schweiz) und Bayern.
Doch sie hatten nicht immer nur Erfolg und Glück: Erst brannte 1053 das gestiftete Kloster Altdorf mit der Grablege ab, dann starb 1055 das Geschlecht in der männlichen Erbfolge aus, weil Welf III kinderlos starb. Doch das Geschlecht revitalisierte sich durch die Schwester Kunigunde. Sie heiratete in Italien ein und begründete damit die jüngere Welfengeneration. Die welfischen Frauen waren recht selbstbewusst. Die Tochter des Welfen Rudolf II., Adelheid, wurde im 10. Jahrhundert durch Otto den Großen zur ersten Kaiserin im Deutschen Reich.
Kunigunde war zudem die Schwester des letzten Saliers, des Kaisers Heinrich V. Damit beanspruchte Heinrich der Stolze aus dem Haus der Welfen den Thron nach dem Tod des Königs für sich. Jedoch hatte er mit 17 Jahren keine Chance und auch sein Vater, der Herzog von Bayern, war aussichtslos. Daher unterstützten sie Lothar von Supplinburg, den Herzog von Sachsen.
Welfen vs. Staufer: 1125 – Heinrich der Stolze vs Friedrich II von Schwaben
Über fast zwei Wochen zog sich die Wahl zum König des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation in Mainz. Es war ein Konflikt zwischen Erb- und Wahlrecht. Das Erbrecht unterstütze die Staufer, das Wahlrecht Lothar und damit die Welfen. Letzteres wurde 30 Jahre zuvor im Kloster Zwiefalten ersonnen, aber schon die Bestimmung der Wahlmänner scheiterte bei der Königswahl 1125. Also bestimmte man selbst welche.
Friedrich von Schwaben (Staufer) zog nach Mainz ein und forderte zwei der Konkurrenten zum Verzicht auf und sie kamen dem nach. Doch wusste er noch nicht, dass Lothar von Sachsen (Welfen-Kandidat) ebenfalls kandidierte. Schon wollte er sich zum König erklären, ließ Lothar ihn fragen, ob er zugunsten freier Wahlen verzichten würde. Friedrich war wohl baff und ließ die Antwort offen. Und es galt, wer nichts sagt, sagt nein. Derart wurde Lothar spontan zum König ausgerufen, was den Protest aus südlichen Landen provozierte. Sie drohten mit sofortiger Abreise, allerdings ließ die Wahlleitung die Tore verschließen. Nach drei Tagen wurde Lothar zum König gewählt.
Die Staufer waren düpiert, die Welfen triumphierten. Später heiratete Heinrich der Stolze, die Tochter des Königs Lothar. Die Salier hatten zudem ein großes Erbe hinterlassen, worüber sich ebenfalls ein Konflikt entfachte.
Staufer versus Welfen – Konrad III der Gegenkönig
Nachdem sein Bruder erfolglos blieb und einen Treueeid geleistet hatte, versuchte sich der Staufer Konrad III zum König des HRR wählen zu lassen. Zur Wahl 1125 war Konrad sowieso nicht im Lande, er war im Jahr davor ins Heilige Land aufgebrochen. Von dieser prestigeträchtigen Pilgerfahrt bestärkt, ließ er sich im Dezember 1127 auf der Reichsburg Nürnberg zum Gegenkönig erheben. Besonders schmerzhaft für die Welfen war, dass Konrad auch aus Bayern oder Schwaben Unterstützung erhielt.
Lothar nahm das nicht hin. Einige Erzbischöfe exkommunizierten Konrad sogar, was ihn nach Italien verschlug. Doch des Königs Arm reichte auch dorthin, sodass sich der Staufer weiter zurückziehen musste. Sein Thronanspruch fand keine ausreichende Basis. Die Städte, die hinter ihm standen, wurden durch Lothar erobert. Speyer öffnete aus Hunger im Dezember 1129 die Tore. Nürnberg wurde 1130 erobert.
Es gab zu der Zeit auch zwei Anwärter auf den Heiligen Stuhl und als es entschieden war, ließ sich Lothar vom Papst zum Kaiser krönen. Nach seiner Rückkehr stellte er 1134 zusammen mit dem Welfen, Heinrich dem Stolzen, die Staufer in einer Schlacht um Ulm; bis wohin sich das staufische Terrain ausgedehnt hatte.
Damit war die Macht der Staufer im Reich gebrochen. Beide Vertreter des Adelshauses, Konrad III und Friedrich II, mussten sich ergeben. Allerdings ließ sich Konrad damit ein halbes Jahr Zeit. Und wie einst der Salierkönig in Canossa, Heinrich IV, erfolgte die Entschuldigung barfuß im Büßerhemd. Anschließend folgte dem König sogar auf Kriegspfaden und reihte sich im Heer hinter den Welfen ein. Sein Bruder Friedrich hingegen zog sich zurück.
Die Anbiederung Konrads an den König hatte Erfolg. 1138 wurde der Staufer Konrad III zum König gewählt, doch musste er bei der Krönung auf die Krone, das Zapter oder den Reichsapfel Teil der Reichsinsignien verzichten. Diese erhielten die Welfen vom sohnlosen König Lothar – als quasi Wahlempfehlung bei der Königswahl und in deren Händen waren sie auch, als Konrad sich krönen ließ.
Trotz der Empfehlung des Königs verlor Heinrich der Stolze von den Welfen die Königswahl, mutmaßlich wegen seines arroganten Auftretens. Auch in der Kirche machte sich der Welfe nicht sehr beliebt, so wurde Konrad zum bevorzugten Kandidaten.
Übrigens: Vorübergehend lagerten die Reichsinsignien auch auf der Waldburg. Heute sind sie im Wiener Museum zu sehen, denn die Habsburger waren die letzten Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Das zweite Reich unterstand den Hohenzollern in Berlin.
Staufer versus Welfen – eine neue Runde
Der Staufer war zum König gewählt worden und die Welfen hatten trotz der besseren Position verloren. Aus Trotz übergab der Welfe dem Staufer die Reichsinsignien, ohne ihm gebührend zu huldigen. Doch der Stauferkönig verlangte vom Welfen auch noch die Herausgabe von Gütern, die der alte König ihm gab.
Solche Besitzungen mussten durch jeden neuen König wieder bestätigt werden. Eigentlich eine Formalie, aber nur, wenn der König einem günstig gesonnen war. Der Welfe hingegen wollte dem König nur huldigen, wie es üblich war, wenn dieser die Güter bestätigen würde. Dafür traf man sich in Augsburg zu Verhandlungen.
Aus Angst vor einer militärischen Auseinandersetzung floh der König bei Nacht und Nebel. Mehr noch, er beschwor den Hoftag 1138, dem Welfen Heinrich, die Herzogswürde abzuerkennen. Und schon zum Ende des Jahres verlor Heinrich seinen bayrischen Herzogstitel und floh nach Sachsen, dessen Herzogstitel er ebenfalls verlustig ging.
Und der Einsatz des Militärs war ein übliches Mittel der Wahl. 1139 besiegte Heinrich Albrecht aus Sachsen. Danach gab es Verhandlungen, während derer der Welfe verstarb.
Erneut stellte sich die Frage nach dem Erbanspruch, zumal der rechtmäßige Erbe noch ein Kind war. Also zog Ende 1140 Konrad mit Truppen gegen den Welf VI und belagerte ihn erfolgreich in der Burg Weinsberg. Im gönnerischen Stil, so eine unbestätigte Überlieferung, ließ er die Frauen in der Burg alles davontragen, was sie schleppen konnten, bevor er die Burg schleifte. Sie sollen ihre Männer huckepack genommen haben.
Weiterer Hochadel verstarb, weitere Scharmützel wurden einander geliefert und der Konflikt zwischen den Welfen und den Staufern ging weiter. 1142 fand man sich zu Verhandlungen in Frankfurt am Main ein. Mit Gebietsausgleichen und einer Heirat glaubte man, den Konflikt gelöst zu haben. Doch die Ehefrau starb bereits im Frühjahr 1143. Der Deal war geplatzt. Die Welfen forderten vergeblich, das ihnen verweigerte Herzogtum Bayern. Der Konflikt eskalierte: Die Welfen erklärten dem König die Fehde.
Die Gesellschaft war darüber auch entzweit, das zeigt das Verhalten des späteren Kaisers Friedrich Barbarossa. Obwohl er ein Staufer war, stand er in diesem Konflikt auf der Seite der Welfen, mit denen er auch verwandt war. Konrad suchte den Ausgleich, aber der Konflikt schwelte weiter. Den bayrischen Herzogstitel erhielt für dreizehn Jahre (1143 bis 1156) ein anderer Heinrich – aus dem Hause Babenberg, womit eine einflussreiche Liaison zu den Staufern ihren Lauf nahm. Das Herzogtum Schwaben war im Reich eine Ausnahme. Es war als Lehen vom König vergeben worden. Die historische Geschichte der Herzöge von Schwaben ist auch von Macht und Gewalt geprägt.