Orthodoxe Valentins- oder Schmalzkapelle Ulm
Neben dem Münster in Ulm steht die russisch-orthodoxe Kapelle der Heiligen Märtyrer Valentin und Pasikratus im Stil der Spätgotik.
Auf den ersten Blick glaubt man, das Ulmer Münster habe einen Teil vergessen in die Mauern aufzunehmen. Doch hat es nur wenig mit dem Münster an sich zu tun. Neben dem offiziellen Namen, trägt die Kapelle auch den Namen “Schmalzkapelle” oder “Schmalzhäusle”, was mit der Geschichte der Stadt Ulm zu tun hat.
Geschichte der Schmalz- oder Valentinskapelle
Bevor an dieser Stelle eine Kapelle stand, befand sich hier ein Friedhof. Und davor hatten an der Stelle die Mönche der Zisterzienserabtei Bebenhausen einen unterkellerten Klosterhof angelegt. Denn die Mönche machten viel Geld mit dem Handel von Wein, nicht nur in Ulm.
Die Kapelle sollte dem Friedhof einen Höhepunkt geben. Im Jahr 1458 hatte der Kaufmann und Patrizier Heinrich Rembold aus Ulm an der Stelle die Kapelle gestiftet, um dort eine Grabstätte für sich und seine Familie zu haben.
Der Baumeister der spätgotischen Kapelle war Matthäus Ensinger; der Sohn von Ulrich Ensinger, der bereits am Münsterbau beteiligt war. Sie verfügt über zwei Joche und ist von einem Satteldach gedeckt. Der Chor in der Form eines Mehrecks ist 1458 fertig geworden, eine Inschrift über dem Eingang bezeugt die Jahreszahl. Der Bau wurde im Jahr 1462 dem Heiligen Valentin gewidmet. Früher mussten die Wände bemalt gewesen sein, was nur noch in Spuren vorhanden ist. Eines der Bilder zeigte die damalige Vorstellung vom Jüngsten Gericht. Ein anderes blieb erhalten und zeigt die Taufe Jesu. Doch schon im 16. Jahrhundert sollte der Bau seine Funktion ändern.
Die evangelische Stadt verweltlichte die Kapelle im Jahr 1531 und nutzte das damals ehemalige Gotteshaus als Lagerplatz. In diesem Jahr fand in Ulm auch der sogenannte Bildersturm statt, wobei vermutlich auch diese Kapelle gestürmt wurde. Heute dient der Keller der Kapelle wieder als Friedhof, so liegen dort die Gebeine eines aufgelösten Friedhofs aus dem Jahr 1526.
Der Dreißigjährige Krieg führte zu Engpässen in der Stadt. Derart lagerte man das wichtige Schmalz in der heutigen Valentinskapelle und verteilte es an die Bedürftigen – was dazu führte, dass sie im Volksmund seither auch als Schmalzkapelle oder Schmalzhäusle bezeichnet wird.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kaufte ein Bierbrauer das Häusle und nutzte es als Lagerplatz. Im Jahr 1859 kaufte die Stadt die Kapelle zurück, um es als Archiv für das Münster zu nutzen.
Zwischen 1862 bis 1864 ließ man sie renovieren. Vor allem das Portal zur Kapellengruft, die Sakristei und einige Statikelemente wurden erneuert. Das Dekor sowie das Portal wurden im Stil der Neogotik verändert. Der Baumeister war Ferdinand Thrän.
Im Jahr 1894 wurde die Kapelle wieder ein Gotteshaus, für die evangelischen Gläubigen in Ulm, genau wie das Münster. Die Gruft diente im Krieg als Luftschutzbunker. Seit 1994 ist es eine Kapelle für die Gläubigen der russisch-orthodoxen Kirche. Seit der Weihung 2003 ist das Haus neben dem Heiligen Valentin auch dem Heiligen Pasikratus gewidmet.
Geöffnet ist sie zur Besichtigung nur an zwei Tagen in der Woche. Im Inneren dominieren Ikonen im Stil der orthodoxen Kirche und einige Fresken. Auch das Wappen der Patrizierfamilie ist noch zu sehen.
Eine Person in der Kirche verlangt Geld, wenn man Bilder machen will. In der Kirche kann man auch Souvenirs kaufen.
Öffnungszeiten und Adresse Valentinskapelle Ulm
- dienstags und donnerstags
- 11 Uhr bis 16 Uhr
- Auf dem Münsterplatz
- 89073 Ulm
- GPS: 48.398174, 9.993406