Kirche Biberach | Stadtpfarrkirche Sankt Martin – Barockstraße Oberschwaben

Die Kirche in Biberach ist eine bedeutende Station der Barockstraße in Oberschwaben und der Geschichte der Stadt, gelegen im Zentrum der mittelalterlichen Altstadt.

Die Kirche ist eine Simultankirche, was bedeutet, dass hier zwei christliche Konfessionen ihren Gottesdienst abhalten. Im Jahr 1524 gab es die erste Simultankirche in Bauzen, 1548 gehörte auch die Stadtkirche St. Martin in Biberach dazu. Das liegt an der Tatsache, dass damals die große Mehrheit der Bevölkerung in Biberach protestantisch war. Der Chor blieb in katholischer Hand.

 

Geschichte und Architektur der Stadtkirche St. Martin in Biberach | Oberschwaben

Schon bevor diese monumentale Kirche erbaut wurde, stand an dieser Stelle eine Kirche oder Kapelle, vermutlich schon im 7. Jahrhundert.

Bereits um 1100 gab es eine Kirche im romanischen Stil. Aber erwähnt wird die Kirche in den Urkunden des Mittelalters erst im Jahr 1265. Während sie 1329 noch dem heiligen Martin gewidmet war, wurde die Weihung um Maria im Jahr 1369 erweitert. Unklar ist, ob das mit der Schenkung von Kaiser Ludwig der Bayer an das Zisterzienserkloster Eberbach im Jahr 1339 zu tun hat, welches es zehn Jahre später inkorporiert hat.

Im Inneren hat man bereits ab 1320 mit den Änderungen begonnen. Auch das Äußere veränderte sich im 14. Jahrhundert im Stil der Gotik. Die Umbauarbeiten am Dach des Chors begannen ab dem Jahr 1337 und es wurde mit Giebeln verziert. Zudem wurde die Basilika mit fortan drei Schiffen nebeneinander im Jahr 1366 unter Leitung von Heinrich Kädeli fertiggestellt. In diesem Bauabschnitt hat man den Turm zur Front gerückt. Die Zisterzienser waren darauf bedacht, nicht zu viel Prunk nach außen zu zeigen. Die Stadtkirche St. Martin ist die älteste Kirche in Biberach, damals schon eine Reichsstadt, was sie noch bis ins Jahr 1802 blieb. Die äußere Gestalt der Kirche hat sich bis heute kaum geändert.

Im 15. Jahrhundert schloss die Apsis nach oben mit einer runden Decke ab. Die Schlusssteine des Baus zeigen die Kirchenheiligen. Einer davon, der sogenannte Biber-Schlussstein, steht in einem Museum in Biberach. Zudem wurden der Kirche drei Nebenkapellen angeschlossen:

  • Marienkapelle (ausgestattet mit einer barocken Madonna von um 1660)
  • Brandenburgische Kapelle (gestiftet von den Patriziern Eberhard II von Brandenburg und Martin Weißhaupt)
  • Pflummernkapelle (gestiftet von einer Patrizierfamilie aus Pflummern)

Im frühen 16. Jahrhundert erreichte die Reformation Biberach und der Protestantismus hielt Einzug. Schon 1529 hatte man die reichen Patrizier, die auf der Seite des katholischen Kaisers standen, aus den Ämtern vertrieben. Im selben Jahr kommt der Begriff Protestanten für die Reformisten auf, denn sie protestierten auf dem Reichstag von Speyer. Auch in Biberach kam es zu Protesten, bei denen es handgreiflich wurde: Der sogenannte “Bildersturm”, bei dem viele kirchliche, respektive katholische Kunstwerke in etlichen Kirchen in Oberschwaben zerstört wurden, brach los. Bei den Unruhen in Biberach stürmten die Bauern das Gotteshaus und zerstörten im Juni 1531 die Altäre, so auch den Hochaltar – damals von Niklaus Weckmann gefertigt.  Für 17 Jahre wurde die katholische Messe verboten.

Auf Anlass des katholischen Kaisers Karl V. (Habsburger) im Augsburger Interim von 1548 wird die Wiedereinsetzung der katholischen Geistlichen verfügt. Gerade in Biberach war man davon wenig entzückt, aber auch die katholischen Geistlichen waren nicht begeistert. So kam es teils zu einer Auswanderungswelle von Seelsorgern. Der Kaiser wollte es aussitzen und die Reformer wieder eingliedern, so war der Plan…

Die Juden wurden im Jahr 1589 aus der Stadt geschickt, was sich erst 1792 wieder änderte. Schon seit dem 13. Jahrhundert gab es immer wieder jüdische biberacher Familien.

Zum Ende des 16. Jahrhunderts schlug ein Blitz in die Kirche ein und löste einen Brand aus. Der Brand zerstörte den Turm, der 1587 neu erbaut wurde, sowie die Orgel und die Uhr. Damals hat man eine Tafel mit der Geschichte des Brandes erstellt und in der Kirche aufgehängt, das noch heute von dem Unheil erzählt. Ein weiterer Blitzschlag im Jahr 1775 beschädigte die Kirche erneut. Das geschah in Biberach ja öfter, auch der bekannte oberschwäbische Räuber, der Schwarzer Veri, wurde von einem Blitzschlag erschlagen, als er in Ketten im Gefängnis saß.

Architektur und Kunst der Stadtkirche St. Martin in Biberach | Oberschwaben

Vom Stil der Romanik wird es eine spätgotische Basilika und später, im Inneren, wird es ein barockes Schmuckstück. Noch im 12. Jahrhundert änderte man den romanischen Stil durch gotische Elemente ab. Man entfernte das Wuchtige und ersetzte es mit filigranen gotischen Elementen, wie Pfeiler und Spitzbögen.

Es entstand eine Basilika, die im Laufe des 14. Jahrhundert nach und nach realisiert wurde. Der Chor-Bau wurde um 1325 begonnen, das Dachgebälk dazu ca. 12 Jahre später. Fast weitere 20 Jahre später entstand das Gebälk über dem Schiff.

Schon vor dem Brand im 18. Jahrhundert kamen die barocken Züge zur Kirche. Im Inneren sieht man dies vor allem an dem imposanten Deckengemälde von Johannes Zick und den Rundbogenfenstern. Das Gemälde zeigt übrigens die Lebensgeschichte Jesu von der Geburt bis zur Himmelfahrt. Auch andere barocke Elemente wurden von dem Baumeister Zick in das Ensemble einsetzt. Jedoch ist die Kanzel im Stil der Spätgotik von 1511.

Im 19. Jahrhundert kam eine Empore hinzu und eine neue Orgel wurde angeschafft. Außerdem wurde das Interieur renoviert. Auch im 20. Jahrhundert erweiterte und renovierte man das Gotteshaus.

Die Stadtkirche St. Martin beherbergt außerdem wertvolle Kunstschätze aus den vergangenen Epochen. Dazu zählen u. a. eine Turmmonstranz aus dem Jahr 1612 und ein Kruzifix, das sogar aus dem Jahr 1220 ist.

Weitere bedeutende Kunstwerke in der Stadtpfarrkirche St. Martin in Biberach sind:

  • spätgotische Kanzel (1511 von Hans Hochmann)
  • Hochaltar (1720)
  • Deckefresko mit Jesus als Heranwachsender
  • spätgotische Plastik Anna Selbdritt (1515 von vermutlich Michael Zeynsler)
  • Gitter der Brandenburgkapelle (1769 von Martin Pfann)
  • Kruzifix Brandenburgkapelle (1520 von vermutlich Michael Zeynsler)
  • Figur Apostel Johannes (15. Jahrhundert)
  • Chorgestühl (1748 von Johann Konrad Fichtel)
  • neugotische Figur der Barbara
  • Messkelche aus dem 17. und 18. Jahrhundert
  • Gemälde der Heiligen Dreifaltigkeit (1681 von Johann Heinrich Schönfeld)
  • und viele viele mehr!!!

Bilder der Kirche in Biberach

   

Adresse der Stadtpfarrkirche St. Martin | Barockes Kunstwerk in Oberschwaben

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